Farbe bezeichnet gemeinhin eine optische Qualität physischer Erscheinungen wie auch eine aus Pigmenten und Bindemitteln bestehende Substanz, wobei Letzteres seit jeher zur bildlichen Wiedergabe von Ersterem verwendet wird. Im Zuge dieses Vorgangs wird die Farbe zum zweideutigen Medium, welches zwischen der eigenen Beschaffenheit und der Anmutung des Dargestellten oszilliert. Selbst- und Fremdreferentialität bilden also dem Malmaterial inhärente Faktoren, aus deren Zusammenspiel sich maßgebliche qualitative Merkmale ergeben. Dass dahingehende Kriterien ebenso wie die ihnen zugrundeliegenden Konventionen einem sukzessiven Wandel unterliegen, lässt sich am Beispiel kunstgeschichtlicher …
Yongchang Chung und Norbert Frensch: Neue Bilder
Die aktuell im Museum Kunstpalast gezeigte Ausstellung Black & White geht mit der ambitionierten Zielsetzung einher, eine repräsentative Zusammenstellung schwarzweißer Kunstwerke von der Renaissance bis heute im Rahmen einer homogenen Gesamtschau zu präsentieren. Da das bloße Kriterium der Nichtfarbigkeit unter Einbeziehung aller denkbaren Ansätze nur bedingt als strukturierte inhaltliche Eingrenzung funktioniert, wird auch die Fülle aller hier unter einen Hut gebrachten Implikationen eher allgemein abgehandelt. Parallel bietet die in fußläufiger Nähe zum Ehrenhof gelegene Galerie Anette Müller die Gelegenheit, zwei Positionen kennenzulernen, die im obigen Kontext als sinnvolle Ergänzungen …
Jim Lambie: Both Ends Burning
Die Erfindung des iPhones ermöglicht es mir, ausländische Radiosender in digitaler Qualität zu hören. Als besondere Bereicherung hat sich diesbezüglich BBC6 erwiesen, das sich über eine schicke und benutzerfreundliche App abrufen lässt. Einige der dort auftretenden DJs wie Tom Ravenscroft, Stuart Maconie oder der auch als Sänger nicht ganz unbekannte Jarvis Cocker sind wahre Pop-Archäologen, die im Rahmen ihrer Sendungen unterhaltungsmusikalische Ausgrabungsfunde aus diversen Regionen und Epochen präsentieren. Dem Aktualitätsbezug wird dabei, ebenso wie der in Deutschland vergleichsweise dogmatisch betriebenen Scheidung von Mainstream und Avantgarde, eher geringe Relevanz beigemessen.
Raphael Brunk und Johannes Post: neu ist alles was ich habe
1979 veröffentlichte der britische Schriftsteller Douglas Adams seinen Debutroman “Per Anhalter durch die Galaxis”. Das an turbulenter Handlung überreiche Buch schildert unter anderem, wie Außerirdische einen Supercomputer entwickeln, der im Zuge einer 7,5 Millionen Jahre andauernden Rechenoperation die Antwort auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ ermittelt. Das mit Spannung erwartete Resultat lautet „42“, was die mit der Ergebnisauswertung betrauten Spezialisten vor die unlösbare Frage nach dem mittlerweile längst wieder vergessenen Wortlaut der ursprünglichen Frage stellt. Aus diesem Anlass trifft man daraufhin die Entscheidung, einen …
Vivian Greven: BUDUMN
Das Ausleben des eigenen Eros durch physische Handlungen oder durch bloße Gedanken und Gefühle ist eine private Angelegenheit. Die Konfrontation mit einer kollektiven Sexualität geschieht hingegen öffentlich. Eine kaum noch verarbeitbare Fülle medial übermittelter Bilder und Botschaften steht für eine exzessive Profanisierung des Sexuellen, die das Private nicht unverändert lässt. Das Filigrane und Individuelle wird dabei vom Rohen und vom Pauschalen überspielt. Um zu verstehen, dass eine Entwöhnung vom Expliziten eine Option zur Sensibilisierung darstellt …
Jef Geys: Oldenburg
Der urbane Trott großstädtischer Bahnhofsviertel ist naturgemäß eher von hektisch-zielgerichteter Fortbewegung als von entschleunigt-bedächtiger Bummelei bestimmt. Einige Passanten, deren flüchtiger Blick in den letzten Wochen durch das Schaufenster eines kaltweiß ausgeleuchteten Ladenlokals in der Worringer Straße fiel, mögen sich für einen Augenblick gefragt haben, was dort verkauft wird und diesen Gedanken kurz darauf wieder vergessen haben. Andere mögen dieser Frage aus spontaner Neugier nachgegangen sein und das Ladenlokal betreten haben.
Marsha Cottrell
Mitte der 80er Jahre haben mein Vater und ich mit vielen Künstlern in einer alten Fabrik in der Ackerstraße gehaust. Im rumpeligen Gemeinschaftsraum stand ein großer alter Schwarzweißfernseher, der nur selten lief. Nachdem man ihn eingeschaltet hatte musste man zunächst ein Paar Minuten warten, bevor die Röhre soweit war, ein Bild zu erzeugen. Wenn man ihn wieder ausschaltete, war wiederum minutenlang ein heller horizontaler Streifen zu sehen, der sich allmählich zu einem Punkt in der Mitte zusammenzog und irgendwann verschwand.
Lars Teichmann: The presence of the souls of strangers and forgotten ones
Der vor kurzem erneut ausgestrahlte Quentin-Tarantino-Film „Inglourious Basterds“ ist ein beliebter Gegenstand medienwissenschaftlicher Analyse. Ein in diesem Kontext besonders hervorgehobener Faktor besteht in der Schlüsselsequenz, die einer fiktiven Abänderung historischer Ereignisse entsprechend die Massakrierung der gesamten Nazi-Führung im Rahmen einer Kinovorstellung zeigt. Angekündigt wird dieses Ereignis durch einen Monolog der jüdischen Kinobesitzerin Shosanna Dreyfus (Mélanie Laurent), deren Familie …