Yongchang Chung und Norbert Frensch: Neue Bilder

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F2-17, 2017, Öl, Dammar und Acryl auf Leinwand, 40 x 50 cm, ©Norbert Frensch, Courtesy Galerie Anette Müller, Foto: Norbert Frensch

Monochrom und monographisch –
Yongchang Chung und Norbert Frensch:
Neue Bilder, Galerie Anette Müller

Die ak­tu­ell im Mu­se­um Kunst­pa­last ge­zeig­te Aus­stel­lung Black & White geht mit der am­bi­tio­nier­ten Ziel­set­zung ein­her, ei­ne re­prä­sen­ta­ti­ve Zu­sam­men­stel­lung schwarz­wei­ßer Kunst­wer­ke von der Re­nais­san­ce bis heu­te im Rah­men ei­ner ho­mo­ge­nen Ge­samt­schau zu prä­sen­tie­ren. Da das blo­ße Kri­te­ri­um der Nicht­far­big­keit un­ter Ein­be­zie­hung al­ler denk­ba­ren An­sät­ze nur be­dingt als struk­tu­rier­te in­halt­li­che Ein­gren­zung funk­tio­niert, wird auch die Fül­le al­ler hier un­ter ei­nen Hut ge­brach­ten Im­pli­ka­tio­nen e­her all­ge­mein ab­ge­han­delt. Pa­ral­lel bie­tet die in fuß­läu­fi­ger Nä­he zum Eh­ren­hof ge­le­ge­ne Ga­le­rie A­net­te Mül­ler die Ge­le­gen­heit, zwei Po­si­tio­nen ken­nen­zu­ler­nen, die im o­bi­gen Kon­text als sinn­vol­le Er­gän­zun­gen ge­taugt hät­ten und die zu­gleich zu poin­tier­ten re­zep­tions­äs­the­ti­schen Aus­ei­nan­der­set­zun­gen ein­la­den. Ge­zeigt wer­den Ge­mäl­de von Yong­chang Chung und Nor­bert Frensch, de­ren Ge­gen­ü­ber­stel­lung bei al­ler Un­gleich­heit auch wech­sel­sei­ti­ge Be­zugs­mög­lich­kei­ten of­fen­bart.

Body, 2017, Koreanische Tusche, Acrylfarbe und Lack auf Leinwand, 160 x 140 cm, ©Yongchang Chung, Courtesy Galerie Anette Müller

Yong­chang Chung be­treibt eine ge­gen­ständ­liche Hell-Dun­kel-Ma­le­rei, in der ei­ne zen­tra­le Fi­gur in schlag­licht­ar­ti­gen Kon­trast zu ei­ner sie um­ge­ben­den Fin­ster­nis tritt. Die Mo­ti­vik des ge­bür­ti­gen Süd­ko­re­a­ners, der seit sei­nem A­ka­de­mie­stu­dium bei A. R. Penck und Kon­rad Klap­heck in Düs­sel­dorf lebt und un­längst mit ei­ner um­fas­sen­den Re­tro­spek­ti­ve im Gwang­ju Mu­se­um of Art ge­wür­digt wurde, weist ei­ne teils mehr und teils we­ni­ger de­zi­dier­te po­li­ti­sche Prä­gung auf. Por­traits von Dis­si­den­ten, die vor dem Hin­ter­grund ei­ner in sei­ner Hei­mat kaum auf­ge­ar­bei­te­ten Mi­li­tär­dik­ta­tur kon­tro­vers auf­ge­nom­men wur­den, ver­mit­teln ei­ne welt­an­schau­li­che Hal­tung, die sich auch in den hier ge­zeig­ten, ver­meint­lich un­ver­fäng­li­chen Bild­in­hal­ten wie­der­spie­gelt.

Schale, 2017, Koreanische Tusche, Acrylfarbe und Lack auf Leinwand, 90 x 70 cm, ©Yongchang Chung, Courtesy Galerie Anette Müller

Ent­spre­chend der Aus­füh­run­gen in ei­ner zen­tra­len Pu­bli­ka­tion ü­ber ihn er­scheint die die Din­ge und Men­schen ein­schlie­ßen­de Schwär­ze als au­gen­fäl­li­ge Ma­ni­fes­tie­rung des To­des o­der des Nicht­seins schlecht­hin, was ei­ne Deu­tung im Sin­ne ex­is­tenz­ia­lis­ti­scher I­deen na­he­legt.1 Ei­nen sig­ni­fi­kan­ten As­pekt bil­det da­bei der To­pos des „Ge­wor­fen­seins“, wie er von Jean Paul Sar­tre im Rah­men sei­nes on­to­lo­gi­schen Haupt­werks Das Sein und das Nichts be­han­delt wur­de und an dem sich ei­ne Ab­sa­ge an bis­lang gäng­i­ge me­ta­phy­si­sche Vor­stel­lun­gen fest­mach­te.2 Die ka­te­go­ri­sche Ver­nei­nung ei­ner ü­ber das Fak­ti­sche hi­naus­ge­hen­den Wahr­heit wird im wei­te­ren Zu­sam­men­hang zur Grund­la­ge ei­ner hu­ma­nis­ti­schen Pro­gram­ma­tik, in­ner­halb de­rer e­thi­sche und äs­the­ti­sche Prin­zi­pien mit­ei­nan­der ü­ber­ein­ge­bracht wer­den.3

VG13, 2017, Öl auf Leinwand, 170 x 210 cm, ©Norbert Frensch, Courtesy Galerie Anette Müller, Foto: Norbert Frensch

Un­ter gleich­sam um­ge­kehr­ten Vor­zei­chen fin­det sich das The­ma ei­nes ins Un­be­kann­te vor­sto­ßen­den In­di­vi­du­ums in den Ar­bei­ten Nor­bert Frenschs, der in sei­ner er­klär­ten Ab­sicht, „die Ma­le­rei bis an die Gren­ze der Wahr­neh­mung zu füh­ren“ den Grat zwi­schen Fi­gu­ra­tion und Ab­strak­tion aus­lo­tet. Das Ge­samt­werk des in Frank­furt an­säs­si­gen Küns­tlers glie­dert sich in strin­gen­te Bild­se­rien, die sich an­hand ein­zel­ner Ex­po­na­te ver­an­schau­li­chen las­sen.4 Ein da­hin­ge­hen­der An­satz lässt sich an­ge­sichts ei­ner groß­for­ma­ti­gen Dar­stel­lung aus­ma­chen, in der ei­ne zeit­ge­mä­ße Spiel­art der tra­di­tio­nel­len Gri­sail­le-Tech­nik er­kenn­bar wird. Das kon­tem­pla­ti­ve Mo­ment, wel­ches auch in­fol­ge ei­ner pro­mi­nen­ten Plat­zie­rung in­ner­halb der hel­len und schön­en Räu­me zur Ent­fal­tung kommt, zeigt eine grund­sätz­li­che Qua­li­tät in Frenschs Œuv­re auf, die durch das Mit­tel der Wie­der­ho­lung wei­ter in­ten­si­viert wird.

F3-17, 2017, Öl, Dammar und Acryl auf Leinwand, 40 x 50 cm, ©Norbert Frensch, Courtesy Galerie Anette Müller, Foto: Norbert Frensch

So weist das mehr­fach aus­ge­führ­te Mo­tiv ei­ner sich sche­men­haft im Dun­keln ab­zeich­nen­den Scha­le ei­ne me­di­ta­ti­ve An­mu­tung auf, wo­bei die As­so­zia­tion zu ei­nem in der fern­öst­li­chen Phi­lo­so­phie ver­wen­de­ten Sinn­bild ei­nes „See­len­ge­fä­ßes“ zur Viel­schich­tig­keit der hier an­klin­gen­den in­ter­kul­tu­rel­len Be­zü­ge bei­trägt. Dass sich an die­ser Stel­le auch in­halt­li­che Schnitt­men­gen zwi­schen den bei­den Künst­lern er­ge­ben, macht eine kon­zep­tu­el­le Ge­schlos­sen­heit aus, die sich auch der durch­ge­hend ho­hen tech­ni­schen Qua­li­tät des hier Ge­zeig­ten ver­dankt. Ab­schlie­ßend bleibt ein Be­such zu emp­feh­len, wo­bei es sich an­bie­tet, die­sen mit ei­nem Ab­ste­cher in die ein­gangs er­wähn­te Mu­se­ums­aus­stel­lung zu ver­bin­den.

Yongchang Chung und Norbert Frensch
Neue Bilder

23. Juni – 28. Juli 2018

Galerie Anette Müller
Rheinort 2
40213 Düsseldorf

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Samstag 11h-19h

Lernen Sie mit uns die Düsseldorfer Galerienszene kennen! Artesarticulo ist ein Verbund langjährig erfahrener Kunstvermittler/innen, die sich die Erkundung der aktuellen Ausstellungen im Zuge individueller Rundgänge zur Aufgabe macht. Diese werden in Kooperation mit der Düsseldorf Tourismus GmbH auch in Form öffentlicher Führungen angeboten.

Fußnoten

  1. Vgl. Se­ba­stian, Klaus: Out of the Dark, in: Cho Jin Ho (Hrsg.) / Yongchang Chung: Yongchang Chung, Gwangju 2016, S. 40-42.
  2. Vgl. Sartre, Jean Paul: Das Sein und das Nichts, Hamburg,1993.
  3. Vgl. Sartre, Jean Paul: Ist der Existenzialismus ein Humanismus?, Frankfurt 1989.
    Vgl. Rau, Catherine: The Aesthetic Views of Jean Paul Sartre, in: The Journal of Aesthetics and Art Criticism, Vol. 9, No. 2, S. 139-147.
  4. Vgl. Krämer, Dirk / Maas, Klaus / Belgin, Tayfun: Nobert Frensch – Malerei, Museum DKM Duisburg / Osthaus Museum Hagen 2012.

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