Stellen Sie sich ein Museum vor, in dem Werke der allgemein geläufigsten Stilrichtungen in jeweils eigenen Räumen präsentiert werden, und in dem jeder dieser Räume mit einem kurzen Wandtext mit wesentlichen Erläuterungen zur jeweiligen Stilrichtung ausstaffiert ist. Stellen Sie sich weiterhin eine in diesem Zusammenhang mit kuratorischen Aufgaben betraute Person vor, die dieses Ausstellungskonzept aus nicht weiter zu bestimmenden Beweggründen abändert, indem sie beispielsweise die Werke der Impressionisten im Minimal-Art-Raum und jene der Surrealisten im Pop-Art-Raum positionieren lässt. Vermutlich wäre in einem solchen Fall mit irritierten Reaktionen …
Matthias Noggler: Iterations
Je verschwenderischer uns die Welt dazu Anlass offeriert, den Verstand zu verlieren, als desto unopportuner scheint es sich zu erweisen, sich bezüglich dahingehender Unpässlichkeiten die geringste Blöße zu geben. Häufiger als noch vor Kurzem sieht man jedenfalls Menschen die, gleichwohl in Ermangelung sichtbarer Gesprächspartner, lauthals artikulierend den öffentlichen Raum durchstreifen. Einige tragen Headsets, Andere schimpfen einfach mit der Luft, wobei sich über diejenigen mit den Headsets auch nicht sicher sagen lässt, ob sie sich Selbige nicht nur zur Tarnung aufgesetzt haben. In einer irren Welt werden die Irren zu Spezialisten hat …
PROTOPLAST
Natürlich kann man sich angesichts eines unablässig auf entsprechende Wahrnehmungskanäle einwirkenden Medienaufkommens wie jenes rund um das aktuelle Reizthema kultureller Aneignung noch etwas tiefer in den hintersten Winkel seiner eigenen Filterblase hineindrücken lassen, wobei man auch die Frage, ob und wie man aus Selbiger wieder herauskommt, bestenfalls nicht ganz außer Acht lassen sollte, zumal heillos zugespitzte Dichotomien und kognitive Verzerrungen einander gerne befördern und ihr Übriges zur sprichwörtlichen Vertiefung der Gräben tun. Leistet man sich hingegen den gedanklichen Luxus, sich entgegen einer kategorischen Parteinahme für Team A oder Team B der Überlegung zuzuwenden …
Johannes Bendzulla: Drinnen gemütlich – Draußen schön
Abgehetzt weil zu spät los bugsierte sich Friedrich durch die sich gerade schließende Schiebetür und stellte fest, dass auf jedem Vierersitz jeweils eine Person in Fahrtrichtung am Fenster saß. Da ihm nicht viel Besseres blieb, nahm er gegenüber einem jungen Mann mit kinnlangen schwarzgefärbten Haaren Platz, welcher gerade ein Loch in die Luft starrte. Unverdächtig dasitzend atmeten beide unentwegt Mikroorganismen aus, die sich in der Luft unsichtbare Scharmützel lieferten, sich gegenseitig fraßen und vögelten. Irgendwo bei Norf rauschten ein paar Kühe und Hühner an ihnen vorbei. Zufällig sah sich in diesem Augenblick auch der liebe Gott diesen Flecken Erde genauer an und von da oben …
Marcel Dzama: The Dove is never free
Als das Lämpchen der kleinen Siebträgermaschine ihre Bereitschaft signalisierte, machte sich Friedrich an die Zubereitung seines allmorgendlichen Heißgetränks, welches zum Erreichen der richtigen Trinktemperatur eines Schlucks kalter Milch bedurfte. Mit Zeige- und Mittelfinger schob er zwei Lamellen der Jalousie auseinander und vergewisserte sich, dass der Himmel blau war, woraufhin er sich an den Küchentisch setzte und ein wenig in den sozialen Medien herumscrollte. Auch bei Schönewein schien am Vorabend ganz schön etwas los gewesen zu sein. Offensichtlich war während der Vernissage ein Feuer ausgebrochen, woraufhin man alle Mühe gehabt hatte, die Bewohner der oberen Etagen vor den …
Wolfgang Betke: und plötzlich: DER SÜßE KÜHLE DUFT VON MORGENWALD
Zeitungsleser, denen das Marxsche Diktum einer sich als Tragödie und Farce ereignenden Dopplung historischer Ereignisse nicht unbekannt ist, mögen mit angemessener Wachsamkeit einige vor dem Hintergrund des aktuellen Weltgeschehens zur Randständigkeit verkommene Meldungen über
Gregor Russ: AS IF!
Die bunten Fische in den Aquarien waren schön gewesen. Bei dem Essen war er sich nicht so sicher. Ente und Dim Sums in angeblicher Hongkong-Qualität, von denen er gerade die Letzteren eher so lala gefunden hatte. Ein Klarer wäre nicht schlecht gewesen, aber danach hatte man in dem Laden gar nicht erst zu fragen brauchen. Während er den Kopf an die Scheibe gelehnt die Augen schloss, nahm er hinter seinen Lidern den schwachen Schimmer an ihm vorbeiziehender Leuchtreklamen wahr. Dann hielt der Fahrer an und er hantierte eine Weile mit der neuen Bezahl-App rum und war dann da. Drinnen erzählte ein hagerer Mann mit runder Hornbrille gerade etwas über die Ausstellung, dem Friedrich, während er …
Florian Kuhlmann, Gretta Louw, Sebastian Schmieg: AUTOMATIC DREAMS
LOAD“*“,8,1 lautete der erste und für lange Zeit einzige Eingabebefehl, den ich an einer Computertastatur getätigt habe, um an einem nicht zuletzt zu Lernzwecken erhaltenen und fortan dezidiert zu Nichtlernzwecken eingesetzten C64 Spiele wie beispielsweise Gauntlet oder Great Giana Sisters ans Laufen zu bringen und unter regelmäßiger Vernachlässigung meiner Hausaufgaben den Nachmittag zu vertun, wobei das enthusiastische Joystick-Gerüttel immer und entscheidend durch den ästhetischen Reiz des synchron in bröseliger 8-Bit-Grafik stattfindenden Bildschirmgeschehens motiviert wurde. Legt man die beeindruckende Geschwindigkeit, mit der sich die Qualität von IT-Produkten seitdem …